Zigarettenkippe | Pexels
Das Wasserblog / Kleine Ursache - große Wirkung

Kleine Ursache - große Wirkung

Von am 27.01.2021 0 Kommentare

Die Zigarettenkippe

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 73,8 Millarden Zigaretten verkauft, weltweit sind es noch viel mehr. Nach dem Rauchen bleibt die "Kippe" übrig - klein und meist achtlos weggeworfen. Neben ästhetischen und hygienischen Problemen sind die weggeworfenen Zigarettenstummel auch eine große Gefahr für die Gewässer!

Das macht mich schon ziemlich sauer und wütend! Vor allem stehen überall genügend Aschenbecher, in denen man seine Kippen vernünftig entsorgen kann!

René Dübelt

Recht hat Herr Dübelt! Schauen Sie sich die Türbereiche im Innenhof der HFT Stutttgart an: Jede Menge Kippen auf dem Boden - schön ist anders! Ein ähnliches Bild zeigt sich überall in deutschen Innenstädten, aber auch am Strand oder Wegesrand (mitten in der süddeutschen Wildnis ;-) finden sich Zigarettenstummel. Die achtlos weggeworfenen Kippen sind gleich in mehrfacher Hinsicht umweltschädlich:

  • Das im Filter enthaltene Mikroplastik überdauert Jahrhunderte und schädigt die Umwelt (das wäre einen separaten Blogeintrag wert).
  • Beim Rauchen sammelt sich ein regelrechter Giftcocktail im Filter. Die Schadstoffe und Toxine werden dann aus dem Filter ausgewaschen, gelangen  in die Umwelt und belasten dort Boden, Gewässer und Meere.

Der Giftcocktail

In einer Zigarette finden sich mehr als 5000 chemische Verbindungen, davon sind mindestens 150 toxisch (Araújoa & Costa, 2019a)! Durch das Rauchen reichern sich insbesondere die stärker toxischen Substanzen im Resttabak und dem Filter an, also genau in den Zigarettenkippen, die häufig achtlos weggeworfen werden. Zu den toxischen Substanzen zählen unter anderm

  • Nikotin,
  • Arsen,
  • verschiedene Schwermetalle (z.B. Blei und Cadmium) und
  • polyziklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs).

Die schädigende Wirkung der verschiedenen Stoffe beruht entweder auf ihrer akuten Toxizität bei hohen Konzentrationen (z.B. Nikotin) oder ihrer mittel- bis langfristig karzinogenen bzw. mutagenen Wirkung (z.B. Schwermetalle und PAKs) .

Die Auswirkungen

Zigarettenfilter bestehen aus Celluloseacetat. Obwohl der Grundstoff der Filter (Zellulose) natürlichen Ursprungs ist, sind die fertigen Zigarettenfilter sehr schlecht biologisch abbaubar, da bei der Herstellung der Filter auf verschiedenen künstliche Hilfsstoffe und Weichmacher zurückgegriffen wird.

Viele Tiere verwechseln Zigarettenkippen mit Nahrung! Die Zigarettenstummel sind schlecht verdaulich und können zu Verstopfungen im Verdauungsapparat und schlußendlich zum Tod der Tiere führen. Auch das Verhungern von Tieren aufgrund mit Kippen (und anderem Unrat) gefüllter Mägen ist beobachtet worden.

Neben diesen direkten Auswirkungen werden die in den Zigarettenkippen konzentrierten Giftstoffe über den Magen der Tiere aufgenommen, sodass sich die mutagene und kanzerogene Wirkung der Stoffe voll entfalten kann.

Durch Wasser werden die in den Zigarettenfiltern angesammelten Giftstoffe wieder gelöst, dringen in die Bodenmatrix ein oder gelangen mit dem Abfluss in Bäche, Flüsse und Meere. Aufgrund des fortlaufenden Übergangs der Giftstoffe in die wässrige Phase steigt die Gefährdung von Gewässer­lebewesen umso mehr an, je länger die Zigarettenkippen in der (aquatischen) Umwelt verbleiben (Araújoa & Costa, 2019a).

Die genauen Wechselwirkungen zwischen allen gelösten Giftstoffen und der aquatischen Flora und Fauna sind noch aktueller Forschungsgegenstand. Gut belegt ist aber die summarische Wirkung und die Wirkung einzelner Giftstoffe, wie beispielsweise des akut toxisch wirkenden Nikotins.

Eine Arbeit von Slaughter et al. (2011) zeigt, dass bereits 1,1 Kippen pro Liter Wasser ausreichen, um bei Ährenfischen mehr als 50% der Versuchspopulation zu töten. Bei der fettköpfigen Elritze reichen bereits 0,97 Kippen pro Liter Wasser und bei großen Wasserflöhen (Daphnid D magna) reichen 0,125 Kippen pro Liter Wasser für eine Todesrate von 50%. Betrachtet man nicht nur die Letalität, reichen bei Wasserflöhen der Art "Ceriodaphnia dubia" bereits 0,02 Zigarettenkippen pro Liter Wasser, um 50% der Versuchspopulation zu immobilisieren. Daraus folgt, dass die gelösten Schadstoffe aus einer Zigarettenkippe ausreichen, um aquatische Lebewesen in 50 Litern Wasser maßgeblich zu schädigen.

Betrachtet man die PNE-Konzentration (vorausgesagte Konzentration eines Stoffes, bis zu der sich keine Auswirkungen auf die Umwelt zeigen) für Nikotin, kommen Green et al. (2014) zu dem Schluss, dass in stehenden Gewässern eine Zigarittenkippe bereits ausreicht, um 1000 Liter Wasser zu verunreinigen.

Neben den Auswirkungen weggeworfener Zigarttenkippen auf die Wasserqualität und Gewässer­lebewesen entstehen auch in der Herstellungskette von Zigaretten schwere Umwelt­beein­trächtigungen. Hierzu zählen unter anderem (Zafeiridou et al., 2018; Araújoa & Costa, 2019b):

  • Abholzungen zur Herstellung von Tabakplantagen (mit allen damit verbunden hydrologischen Folgen),
  • Anwendung von Düngemitteln, Herbiziden oder Pestiziden beim Tabakanbau (Gesundheitsgefahren für die Plantagenarbeiter & Gewässergefährdung) und
  • Abfälle aus dem Herstellungsprozess der Zigaretten.

Rauchen zieht weltweit schwere gesundheitliche, gesell­schaftliche und ökologische Folgen nach sich.

Das Fazit

Entsorgen Sie Zigarettenstummel bitte immer ordnungsgemäß in den Restmüll! Weisen Sie auch gerne Ihre Mitmenschen auf die Umweltbelastung durch achtlos weggeworfene Kippen hin.

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