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Das Wasserblog / Wieviel Wasser brauchen Städte?

Wieviel Wasser brauchen Städte?

Wasser ist eine grundlegende Ressource für das menschliche Leben und die Ökosysteme der Erde. Die Sicherheit der Wasserversorgung ist für fast 80% der Erdbevölkerung gefährdet (Vörösmarty et al. 2010). Bevölkerungswachstum sowie Einkommenssteigerungen führen darüberhinaus zu einer Zunahme des Wasserverbrauches, hierdurch wird der Wasserstreß für ca. 70% der weltweiten Flusseinzugsgebiete bis zum Jahre 2050 zunehmen (Alcamo et al. 2007).

Eine genaue Modellierung des städtischen Wasserbedarfs, die Wohn- und Nichtwohngebiete umfasst, kann Entscheidungsträgern dabei helfen, die lokale Wasserversorgungsinfrastruktur besser zu gestalten, das Management der lokalen Ressourcenpotenziale zu verbessern und damit langfristig auch die aquatischen Ökosysteme zu schützen.

Das Problem

Bislang gab es kein Werkzeug, mit dem man den Trinkwasserbedarf einer Stadt für alle Gebäudetypen wie etwa Wohnhäuser, Büro-, Schul- und Industriegebäude ohne Zugriff auf Spezialdaten simulieren kann.

Die Lösung

Forschern der HFT Stuttgart ist es gelungen, den Trinkwasserbedarf von Wohn- und Nicht­wohn­gebäuden auf Basis eines 3D-Datenmodells für deutsche Städte und Regionen zu simulieren. Hierzu wurden geometrischen Gebäudedaten sowie meteorologische und sozio-ökonomische Daten in ein digitales Tool integriert. Das Team konnte zeigen, dass der Ansatz machbar und belastbar ist: Die Abweichung von realen Trinkwasserverbräuchen, z.B. für die Region Ludwbigsburg beträgt weniger als sieben Prozent.

Der Weg

Das Team hat die an der HFT Stuttgart seit 2012 entwickelte regionale Energiesimulationsplattform SimStadt um die Funktion erweitert, den Trinkwasserbedarf auf Einzelgebäudeebene zu simulieren und analysieren. Der Wasserbedarf kann auf verschiedenen Skalen simuliert werden: Auf der Skala einzelner Gebäudes, eines Stadtviertels, einer Stadt oder eines Landkreises.

Die Ermittlung des Wasserbedarfs auf Basis eines 3D-Gebäudemodells erfolgt unter Verwendung von Information zum Gebäudetypus (Wohngebäude, Hotels, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen, Bürogebäude, Einzelhandel, Sport und Ausstellungshallen sowie Industriegebäude), dessen Baujahr und dessen Geometrie. Die Gebäudegeometrie wird zur Berechnung der Gebäudenutz/-wohnfläche verwendet. In Kombination mit dem Baujahr kann die Anzahl der Bewohner in Wohngebäuden ermittelt werden. Der Wasserbedarfswert pro Fläche oder pro Person wird auf der Grundlage von Gebäudetypen, Klima und sozioökonomischen Faktoren, wie zum Beispiel Einkommen ermittelt.

Anstatt wie bisher üblich den durchschnittlichen Pro-Kopf-Wasserbedarf aus z.B. Landesstatistiken zu verwenden, können mit dem entwickelten Ansatz Daten wie der lokale Siedlungswasserbedarf pro Kopf sowie die lokalen klimatischen Bedingungen und sozioökonomische Faktoren einbezogen werden.

Der Nutzen

Von solchen Analysen können Kommunen und Wasserversorger profitieren: Damit können sie den städtischen Wasserbedarf für Wohn- und Nichtwohngebiete berechnen, die lokalen Wasserversorgungsinfrastrukturen optimieren und lokale Ressourcen damit besser nutzen. Das Tool ist auch ideal, um den Wasserbedarf in einem künftigen Baugebiet zu simulieren.

Die Umsetzung

Das Forschungsteam simulierte Szenarien in drei deutschen Landkreisen mit unterschiedlichen klimatischen und sozioökonomischen Bedingungen, um die Durchführbarkeit, Genauigkeit und Belastbarkeit des neuen Wasserbedarfs-Workflows zu testen: Ludwigsburg, Köln und Ilm-Kreis. Der Landkreis Ludwigsburg repräsentiert ein typisches süddeutsches Vorstadtgebiet, die Stadt Köln ein dicht besiedeltes städtisches Gebiet und der Landkreis Ilm-Kreis eine eher ländliche Region.

Jeder Mensch benötigt 90 bis 150 Liter pro Tag, je nach Bundesland, Alter, Haustyp und Einkommen in Wohngebäuden. Bei Nicht-Wohngebäuden hingegen schwankt der Wasserverbrauch extrem zwischen 0,05 Kubikmeter pro Quadratmeter pro Jahr und 96 Kubikmeter pro Quadratmeter pro Jahr.
 

Das Ergebnis

In der Gemeinde Rainau im Ostalbkreis in Baden-Württemberg wurden zudem Sensitivitätsanalysen durchgeführt, insbesondere der Einfluss des Wasserpreises, des Durchschnittsalters der Bevölkerung und des Klimawandels auf den Wasserverbrauch. Es zeigt sich, dass der Wasserbedarf pro Person z.B. um knapp 4% bis 2050 steigt, wenn das höhere Durchschnittsalter und die höheren Temperaturen aufgrund des Klimawandels in die Berechnung einbezogen werden. Nicht überraschend: Je wärmer die Temperaturen, desto mehr Wasser ist z.B. für Gartenbewässerung erforderlich.

Die Simulation kann auch weltweit auf andere Regionen angewendet werden, vorausgesetzt ein 3D-Gebäudemodell dient als Basis und die entsprechenden statistischen Daten sind verfügbar.

Weitere Details zum Vorgehen und den Ergebnissen der Studie finden sich in der Publikation "Urban Water Demand Simulation in Residential and Non-Residential Buildings Based on a CityGML Data Model". Die Studie entstand innerhalb des Projektes IN-SOURCE. Sie wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom europäischen Programm Horizon 2020.

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