Wenn damit begonnen wird, Wasser aus einem Fluss zu analysieren, wird häufig das Außergewöhnliche erwartet: besondere Messwerte, stark erhöhte Konzentrationen – oder das Gegenteil davon. Wenn man dann nur misst, was man erwartet, kann im ersten Moment ein wenig Enttäuschung aufkommen. Aber dabei wird eines vergessen: Das Außergewöhnliche ist bereits vorhanden!
Außergewöhnlich ist, bei schönem Wetter an einen Fluss zu fahren, Wasserproben zu nehmen und zu analysieren. Und das nicht einfach nur so, sondern für die eigene Abschlussarbeit. Ein Studium eröffnet Möglichkeiten, auf die man schon lange gehofft hat oder solche, die einem zuvor unbekannt waren. Sich bilden zu können, ist außergewöhnlich im Großen.
Außergewöhnlich im Kleinen ist die Libelle, die sich während der Wasseranalysen auf dem Chemikalienbehälter niederlässt. Von allen Orten, an denen sie in einem Naturschutzgebiet hätte landen können, sucht sie sich ausgerechnet eine Box voller Chemikalien. Weiß sie nicht, dass die Substanzen darin sie umbringen können? Oder weiß sie es genau und mag den Nervenkitzel? Vielleicht lässt sie sich auch auf dem Behälter nieder, weil dessen weiße Farbe ihren eigenen schwarz-schillernden Körper besser zur Geltung bringt.
Außergewöhnlich im ganz Kleinen ist das Rauschen von fließendem Wasser. Zuerst nimmt man es wahr: die verschiedenen Töne, das Wechseln der Lautstärke und irgendwann verschwindet es hinter der Aufmerksamkeit im Unbewussten. Doch es ist ständig da; und während die Zeit vergeht, wird man ruhig. Irgendwann drängt das Rauschen des Flusses wieder in das Bewusstsein. Dann ist vielleicht die Zeit gekommen, aufzustehen und weiterzufahren.
Ungewöhnlich ist die Entenpopulation, die einem am Fluss entlang begegnet. Seit einiger Zeit haben sie sich mitten im Ort niedergelassen und den schmalen Weg für sich belegt. Dort dösen sie in einer Selbstverständlichkeit vor sich hin, als würde der Weg ihnen gehören – selbst wenn Spaziergänger und Radfahrer vorbeikommen. Dann kann es passieren, dass man Schlangenlinien um zehn bis zwanzig Enten fahren muss und vielleicht vorwurfsvoll angeschnattert wird, wenn man einer dabei zu nahekommt.
Außergewöhnlich schön ist die Morgensonne, die sich in den Blättern des Waldes bricht und auf dem Flusswasser glitzert. Tausende kleine Sonnen, die über die Wasseroberfläche tanzen und bewegte Muster auf die grünen Blätter malen. Für einen Moment hier und im nächsten Moment mit den Bewegungen des Flusses an einem anderen Ort.
Eher gewöhnlich, aber unerwartet, ist der kleine Bachflohkrebs, der während der Wasserprobenahme mit in die Flasche gerutscht ist und jetzt fröhlich dort hin und her schwimmt. Wirklich fröhlich? Oder merkt er, dass er von Plastikmauern umgeben ist und sich nicht mehr frei bewegen kann? In menschlichen Zeitmaßstäben betrachtet, muss er nicht lange auf seine Freiheit warten. An anderer Stelle geht es wieder in den Fluss zurück. Vom Fluss in die Flasche und dann wieder zurück in den Fluss. Vielleicht war er auch ein Abenteurer und die Umsiedlung hat ihm gefallen.
Was für den einen nicht von Bedeutung ist, kann für den anderen wieder außergewöhnlich sein. In diesem Fall ist es die Tatsache, dass die erhobenen Messwerte sich in Form von Abbildungen und Rechnungen in einer Abschlussarbeit wiederfinden und das begonnene Studium nun zu Ende ist. Erstaunlich.
Liebe Frau Fröschle!
Besten Dank für Ihren dritten Beitrag im Wasserblog! Und herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Abschluss des Masters Umweltschutz sowie ganz viel Erfolg für Ihre berufliche Zukunft!
Bleiben Sie der Wasserwirtschaft treu!
Viele Grüße, Michael Bach