Wassertropfen | Pixabay
Das Wasserblog / Leben in einem Wassertropfen

Leben in einem Wassertropfen

In einem einzigen Tropfen Wasser findet man das Geheimnis des endlosen Ozeans.

Khalil Gibran

Die Worte dieses Dichters können wissenschaftlich nicht überprüft werden. Allerdings steckt in einem Wassertropfen – je nach Herkunft – eine Menge interessanter Dinge. Zum Beispiel Bakterien. In einem Tropfen Grundwasser mit einem Volumen von 50 µL können sich mehr als 10.000 Bakterien befinden (Besmer et al. 2016). Und die meisten von ihnen sind völlig harmlos. Die überwiegende Anzahl der Bakterien sorgt allein durch ihre Anwesenheit dafür, dass die für den Menschen "gefährlicheren", pathogenen Arten verdrängt werden. Mit unseren Sinnesorganen können wir die Bakterien nicht direkt erfassen, aber mit den geeigneten Hilfsmitteln offenbart sich dem Betrachtenden eine faszinierende Welt.

Traditionelle Methoden zum Nachweis von Bakterien

Über Jahrhunderte hinweg hat die Menschheit verschiedenste Hilfsmittel hervorgebracht, mit denen sich Bakterien sichtbar machen lassen. Angefangen hat es mit einfachen Mikroskopen, die stetig weiterentwickelt wurden. Seit dem 19. Jahrhundert ist die Methode der Kultivierung zum Nachweis der Bakterien bekannt. Dabei werden verschiedene Nährstoffe bereitgestellt, die eine bestimmte Bakteriengruppe zum Wachsen benötigt. Doch damit ist es noch nicht genug. Manche Bakterien wachsen nur bei bestimmten Temperaturen und das mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Das Bakterium Escherichia coli beispielsweise benötigt für eine Nachweisreaktion nur einen Tag, während Legionellen bis zu zehn Tage benötigen (DIN EN ISO 9308-2:2014), (DIN EN ISO 11731:2019). Und ein Großteil der Bakterien lässt sich nicht über eine Kultivierung nachweisen (Epstein 2013).

Moderne Methoden zum Nachweis von Bakterien

Moderne Methoden erweitern die Grenzen, die bisher für den Nachweis von Bakterien galten. Von aufwendigen DNA-Sequenzanalysen über Verfahren mit klangvollen Namen wie MALDI-TOF und FCM – um nur drei Beispiele zu nennen.

FCM steht für Flow Cytometry (Durchflusszytometrie). Keine Standardmethode in der Wasseranalytik, aber Gegenstand der Forschung. Häufig werden fluoreszierende Farbstoffe verwendet, um die Bakterien anzufärben, die dann mithilfe eines Lasers bestrahlt werden. Dadurch werden die Elektronen des Farbstoffes angeregt und emittieren danach Licht, das von geeigneten Detektoren erfasst wird. Daraus kann die Anzahl der Bakterien einer Wasserprobe bestimmt werden. Mit zwei verschiedenen Farbstoffen lässt sich zusätzlich eine Unterscheidung vornehmen, ob die Bakterien tot oder lebendig sind. Bei einer routinierten Proben­vorbereitung und Messung kann das Ergebnis bereits nach fünfzehn Minuten vorliegen (van Nevel et al. 2017).

I do [..] FCM in tons of different experiments because its application potential for research is immense. A good example is to better understand how chlorine kills bacterial cells.

Frederik Hammes,
Gruppenleiter Trinkwassermikrobiologie, Forschungsanstalt Eawag.

Sequenzanalysen sind im Vergleich dazu aufwendiger. Für diejenigen, die das letzte Mal Biologie während der Schulzeit hatten: Die Erbinformation (DNA) ist aus verschiedenen Bausteinen aufgebaut. Einem Zucker, der Desoxyribose, einem Phosphatmolekül und einer von vier verschiedenen Basen (A, T, G, C). Die Abfolge dieser Basen bestimmt die Sequenz der DNA. Soll ein Bakterium identifiziert werden, muss im ersten Schritt seine DNA isoliert und ein bestimmtes Gen vervielfältigt werden - wer mehr darüber wissen will, kann unter dem Begriff 16S rRNA-Gen weitere Informationen finden. Dieses Gen enthält einen Bereich, dessen Sequenz ein Bakterium eindeutig beschreibt – etwa wie ein Fingerabdruck bei uns Menschen. Dieser Fingerabdruck kann mit den gespeicherten Fingerabdrücken in einer Gen-Datenbank verglichen werden und so das Bakterium identifiziert werden.

[...] this theme [sequencing] has been at the centre of all my research since 1943, both because of its intrinsic fascination and my conviction that a knowledge of sequences could contribute much to our understanding of living matter.

Frederick Sanger,
Nobelpreisträger, 1980 geehrt für seinen Beitrag zur Bestimmung der Basensequenz in Nukleinsäuren (z.B. DNA)

MALDI-TOF MS ist eine weitere Methode zur Identifizierung von Bakterien in Wasserproben. Die Abkürzung steht für den unaussprechlichen Namen: Matrix-assistierte Laserdesorption/ Ionisations (MALDI) – Flugzeitanalyse (TOF) - Massenspektrometrie (MS). Dabei wird eine Bakterienprobe in eine kristalline Matrix eingebettet und mit einem Laser beschossen. Die Proteine der Bakterien werden dadurch in die Gasphase gebracht und gleichzeitig ionisiert, das heißt, sie bekommen eine elektrische Ladung. Diese Ionen werden anschließend nach ihren spezifischen Eigenschaften sortiert und ein Spektrum aufgenommen. Das erhaltene Proteinspektrum wird wieder mit den Einträgen einer Referenz-Datenbank verglichen, um die Bakterien zu bestimmen. Diese Methode zeichnet sich durch ihre Schnelligkeit aus, da die Ergebnisse innerhalb von Stunden vorliegen können (Clark et al. 2013).

Zum Anwendungsbezug der Methoden

All diese Methoden wirken im ersten Moment sehr abstrakt. Man könnte sich sogar die Frage stellen, warum dieser immense Aufwand überhaupt betrieben wird. Dazu sei gesagt: Auch in einem Tropfen unseres Trinkwassers befinden sich Bakterien. Um sicher zu gehen, dass keine pathogenen Arten darunter sind, schreibt die Trinkwasserverordnung verschiedene Parameter zur mikrobiologischen Untersuchung vor: E. coli und Coliforme Bakterien, Koloniezahl bei 22 und 36 °C, Enterokokken und Clostridium perfringens, sowie Pseudomonas aeruginosa und Legionellen. Sind diese Bakterien nicht – oder nur in geringen Konzentrationen – nachweisbar, kann davon ausgegangen werden, dass sich keine anderen pathogenen Bakterien in der Wasserprobe befinden.

Ein paar Worte zum Schluss

Es lohnt sich also, einen Blick auf das vermeintlich Unsichtbare innerhalb eines Wassertropfens zu werfen. Weil es viel zu entdecken gibt, weil es wichtig ist - und weil es Spaß macht.

Christiane Fröschle, Masterstudiengang Umweltschutz, 03.05.2021

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