Aller guten Dinge sind drei — und daher fand am 10. Oktober 2024 bereits das »3. Dialogforum Wasser« an der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT Stuttgart) statt. Wie auch in den Jahren 2022 und 2023 wurde die Veranstaltung in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) und dem Digital Water Institute e. V. (DWI) ausgerichtet — fast schon eine Tradition!
Passend zum #zukunftsthema #wasser erschwerten die Auswirkungen des Ex-Hurrikans "Kirk" die Anreise. Trotzdem fanden sich wieder viele Interessierte in der Aula der HFT Stuttgart ein. Neben Vertretern aus Ingenieurbüros, Versorgungsunternehmen, Kommunen, Industrieunternehmen, Behörden, Verbänden sowie der Forschung, konnten dieses Jahr auch viele Studentinnen und Studenten unter den Teilnehmern verzeichnet werden, denn der Termin des Dialogforums lag dieses Jahr bewusst in der Vorlesungszeit und — Achtung Spoiler — die Wasserwirtschaft benötigt dringend hoch qualifizierten Nachwuchs.
Das »3. Dialogforum Wasser« begann mit einem Grußwort von Prof. Dr. Katja Rade, der Rektorin der HFT Stuttgart. Sie wies darauf hin, dass das #zukunftsthema #wasser nicht nur mit der Brille der Wasserwirtschaft von immenser Wichtigkeit ist. Und das gelte neben internationalen Herausforderungen auch für Deutschland und Baden-Württemberg.
Das große Thema des '3. Dialogforums Wasser' findet sich daher in Form des UN-Nachhaltigkeitsziel 6 (Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen) im Struktur- und Entwicklungsplan der HFT Stuttgart als strategisches Entwicklungsziel fest verankert. Entsprechend präsent ist das #zukunftsthema#wasser auch im neuen Image-Film der Hochschule: Wasser am Anfang und Wasser am Ende! — das freut die Veranstalter des '3. Dialogforums Wasser' natürlich.
Holger Haas, Leiter des Geschäftsbereichs Standortentwicklung beider WRS ermöglichte mit der erneuten Finanzierung der Veranstaltung durch die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH auch in diesem Jahr die Durchführung des »Dialogforums Wasser«. Er konnte krankheitsbedingt dieses Jahr nicht teilnehmen, ließ aber herzliche Grüße und ein gutes Gelingen ausrichten.
Phillip Grimm, der Geschäftsführende Vorstand des DWI setzte mit seinem Grußwort einen wichtigen Impuls für die weitere Veranstaltung: »Es gibt viel zu tun und wir können nicht länger warten!« Das gilt aus seiner Sicht besonders für die Themen Digitalisierung — und insbesondere auch für die Bereitschaft, vorhandene Daten offen und frei zu teilen und neue Daten für das Ausschöpfen von Digitalisierungspotentialen zu erheben. Ein wichtiger Transformationsprozess, bei dem das 'Digital Water Institute' als gemeinnütziger Verein unterstützen kann.
Prof. Dr.-Ing. Michael Bach (HFT Stuttgart) startete mit einem Impuls zum Thema »Die unsichtbare Wasserwirtschaft« — weil diese Unsichtbarkeit für die beiden folgenden thematischen Blöcke »Trinkwasser« und »KI in der Wasserwirtschaft« von großer Bedeutung sei. Er stellte zum Beispiel heraus, wie komplex und wertvoll unser Trinkwassersystem ist – ein Netzwerk, das oft unsichtbar bleibt, jedoch im Hintergrund immense Leistungen zur Sicherstellung der Wasserversorgung erbringt. Eine vergleichbare Bedeutung hat das ebenfalls weitgehend unsichtbare System der Abwasserentsorgung und -behandlung — und die Künstliche Intelligenz (KI) und deren Entscheidungsprozesse spielen sich sowieso im unsichtbaren virtuellen Raum ab. Prof. Bach betonte, dass diese »Unsichtbarkeit des Wassers« meist dazu führt, dass der Wert des Wassers und der wasserwirtschaftlichen Systeme von der Gesellschaft nicht wahrgenommen wird. Er macht deutlich, dass nur ein umfassender gesamtgesellschaftlicher Wandel hin zu einer wasserbewussten Gesellschaft die aktuellen Herausforderungen im Wassermanagement bewältigen kann.
Der Themenblock »Trinkwasser« wurde von Prof. Dr.-Ing. Markus Fischer (HFT Stuttgart) eröffnet. Er verdeutlichte, wie wichtig es ist, technische Wasserverluste zu minimieren und zeigte auf, dass eine kontinuierliche Instandhaltung in Trinkwassernetzen entscheidend ist, um Ressourcenverluste zu reduzieren und langfristige Versorgungszuverlässigkeit sicherzustellen. Das wird leider von vielen Kommunen und Betreibern von Wasserversorgungsnetzen nicht ausreichend umgesetzt wird, d. h. es wird zu wenig Geld in die Instandhaltung investiert — hier sei ein dringendes Umsteuern notwendig.
Prof. Dr.-Ing. Esad Osmancevic von der RBS wave GmbH sprach über die Klimarisiken für die Trinkwasserversorgung in Süddeutschland. Er erläuterte, dass Extremwetterereignisse wie Dürren den Wasserhaushalt und die Wasserverfügbarkeit zunehmend belasten. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, forderte Osmancevic die Entwicklung eines Frühwarnsystems und eine vorausschauende Planung von Wasserreserven. Zudem wies er auf die Problematik hin, dass steigende Lufttemperaturen auch zu einer Erhöhung der Temperatur im Boden führen — hierdurch wird sich zukünftig auch das Trinkwasser in den Verteilungsnetzen erwärmen, eine Problematik, die vielerorts noch gar nicht bewusst sei.
Dr. Wolfram Seitz vom Zweckverband Landeswasserversorgung ging den »Spurenstoffen (im Trinkwasser) auf die Spur«. Herr Dr. Seitz erläuterte Methoden zur Erfassung und Filterung solcher Stoffe, die durch landwirtschaftliche, industrielle und häusliche Einflüsse in das Wasser gelangen. Non-Target-Screening und KI-gestützte Detektionsverfahren ermöglichen dabei eine präzisere Überwachung und schnellere Reaktion auf Schadstoffeinträge — was manchmal echte Detektivarbeit notwendig macht.
Im Anschluss folgte die Diskussion mit den Referenten, Phillip Grimm vom DWI und den Teilnehmern der Veranstaltung – wieder großartig moderiert von Hannah Pinell, der Referentin Partizipation bei der IBA'27 in Stuttgart.
In der Diskussion kamen die zentralen Herausforderungen der Trinkwasserversorgung nochmal vertieft zur Sprache. Ein zentrales Problem ist die Vernachlässigung notwendiger Instandsetzungsmaßnahmen, die für die langfristige Sicherheit und Qualität der Wasserversorgung erforderlich wären. Besorgniserregend ist zudem, dass bestimmte Themen wie die Erwärmung des Bodens und deren Auswirkungen auf die Wasserqualität selbst den Betreibern oft nicht bekannt sind. Ein weiterer Diskussionspunkt lag auf dem Fachkräftemangel, der es vielen Wasserversorgern erschwert, bereits die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen immer sicher umzusetzen.
Hinzu kommt die Problematik der negativen Wasserbilanzen und der daraus resultierenden Wasserkonflikte in bestimmten Regionen. In der Diskussion wurde auch die Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach offener und großzügiger Datenverfügbarkeit – um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen – und dem notwendigen Schutz dieser Daten als kritische Infrastruktur beleuchtet. Letzteres ist insbesondere aus Betreibersicht von großem Interesse, um Angriffsgefahren und die Risiken öffentlicher Debatten über sensible Daten zu minimieren.
Wir müssen heute in unsere Infrastruktur investieren, ansonsten zahlen wir in der Zukunft einen sehr teuren Preis dafür!
Im zweiten Themenblock lag der Fokus auf dem Potenzial und den Herausforderungen beim Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in der Wasserwirtschaft. Prof. Dr. rer. nat. Nicole Ondrusch von der Hochschule Heilbronn gab eine Einführung in die Grundlagen der KI und die verschiedenen Einsatzbereiche in der Wasserwirtschaft. Sie zeigte auf, wie unterschiedlich KI verstanden und genutzt werden kann, von einfachen Assistenzsystemen bis hin zu komplexen Entscheidungsunterstützungen. Dabei wies Frau Prof. Ondrusch darauf hin, dass ein solides Verständnis der Begriffe und Methoden entscheidend ist, um KI erfolgreich und verantwortungsvoll einzusetzen.
Dr. rer. nat. Ralf Loritz, Nachwuchsgruppenleiter vom Karlsruher Institut für Technologie, beleuchtete in seinem Vortrag »Was geht? Möglichkeiten und Grenzen« die konkreten Möglichkeiten der KI in der hydrologischen Modellierung. Er erklärte, dass prozessbasierte hydrologische Modelle immer mehr durch Modelle mit neuronalen Netzen ersetzt werden, weil sie besser Ergebnisse liefern und schneller rechnen. Gleichzeitig wies Dr. Loritz darauf hin, dass diese Ansätze erhebliche Datenmengen und Rechenkapazitäten erfordern — Randbedingungen, die beim Einsatz neuronaler Netze immer wieder missachtet werden. Darüber hinaus sind auf neuronalen Netzen basierende Modelle wenig zuverlässig, wenn sie auf Fragestellungen außerhalb des Trainingsbereichs angewendet werden.
Prof. Dr.-Ing. Peter Baumann von der HFT Stuttgart ging im letzten Impuls des '3. Dialogforums' mit dem Titel »Geht’s noch? – Restriktionen und Bedenken« auf ethische und technische Herausforderungen im Einsatz von KI in der Wasserwirtschaft ein. Neben den regulatorischen Anforderungen der EU betonte Baumann, dass die Abhängigkeit von KI-Anbietern und die gesellschaftliche Akzeptanz kritisch zu hinterfragen seien. Der verantwortungsvolle Umgang mit KI im Wasserbereich erfordere eine Balance zwischen Innovation und traditionellen Kompetenzen.
In der anschließenden Diskussion wurde intensiv über die Chancen und Herausforderungen beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz debattiert. Zunächst betonten die Expertinnen und Experten die Notwendigkeit, klare Begrifflichkeiten zu verwenden. Häufig wird von »KI« gesprochen, obwohl es in den meisten Anwendungen um neuronale Netze geht, die mathematisch betrachtet den klassischen hydrologischen Modellen ähneln. Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ weckt oft unnötige Ängste und Bedenken, die einer konstruktiven Debatte im Weg stehen können.
In der Diskussion wurde auch die Sorge vor Arbeitsplatzverlusten und die Frage der Zuverlässigkeit von KI-Systemen thematisiert. Diese Bedenken gilt es ernst zu nehmen, um eine breite Akzeptanz zu erreichen. Gleichzeitig warnten die Teilnehmer davor, dass Deutschland in diesem Technologiebereich nicht den Anschluss verlieren darf. Derzeit besteht noch die Möglichkeit, eigene Lösungen zu entwickeln, um zu verhindern, dass die Wasserwirtschaft künftig von großen, ausländischen Anbietern abhängig wird.
Ein zentraler Punkt war zudem die Nachvollziehbarkeit von KI-Entscheidungen. Transparenz ist wichtig, um Vertrauen in diese Technologien zu schaffen. Die Diskussion zeigte auch das Potenzial von KI, Routineaufgaben zu übernehmen und damit Fachkräfte zu entlasten, sodass mehr Zeit für wirklich wichtige Aufgaben bleibt.
Digitalisierung unterstützt uns im täglichen Betrieb und hilft uns dabei, den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.
Neben den Impulsvorträgen und der Diskussion gab es auch Gelegenheit zum informellen Austausch. Vor der Veranstaltung gab es Kaffee, Tee und Kleinigkeiten zum Frühstück, nach der Veranstaltung ein leckeres Mittagessen für alle Teilnehmer. In der schönen Atmosphäre des Lichthofs der HFT Stuttgart konnten dabei Gespräche vertieft werden, Kontakte geknüpft werden und Lösungsansätze für die Herausforderungen der Wasserwirtschaft entwickelt werden.
Eine Veranstaltung wie das »3. Dialogforum Wasser« wäre ohne die Unterstützung und dem Einsatz von ganz vielen Menschen und Institutionen in dieser Form nicht möglich. Sowohl in der Vor- und Nachbereitung, als auch am Tag der Veranstaltung gilt es, viele große und kleine Dinge zu erledigen.
Ein ganz großes Dankeschön geht zunächst an die vielen interessierten Teilnehmer aus allen Bereichen der Wasserwirtschaft und darüber hinaus, die trotz der wetterbedingten Herausforderungen zum Dialogforum gekommen sind. Insbesondere auch ein großes Dankeschön für die sehr rege Beteiligung an den Diskussionen — so geht Dialog und die Vernetzung der Wasserwirtschaft mit der unserer Gesellschaft. Nur so wird das Ziel einer wasserbewussten Gesellschaft möglich.
Für mich war es eine inspirierende, zukunftsorientierte Veranstaltung mit Bodenhaftung.
Ein großes Dankeschön geht an die Grußwortsprecher und die Impulsgeber, die zum Teil weite Wege in Kauf genommen haben, um an der HFT Stuttgart ihr Fachwissen zu teilen, Impulse für den Dialog zu setzen und über ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement zu diskutieren. Schön, dass Sie da waren!
Ein besonderes Dankeschön geht an Hannah Pinell, die hervorragend den Vormittag moderierte. Trotz lebhaftem Austausch und vielen Wortmeldungen hat sie auch den (straffen) Zeitplan eingehalten. Vielen lieben Dank!
Das Team des Studiengangs Bauingenieurwesen der HFT Stuttgart hat mit ganz viel Engagement gearbeitet, damit die Veranstaltung reibungslos und in einem schönen Rahmen ablaufen kann. Die Koordination wurde von Ida D' Ottavio übernommen, Unterstützung gab es von Ezra Tezcan und Sabine Bürklin. Nicht zu vergessen der tatkräftige Einsatz unsere Hiws: Jana Wohlfahrt, Max Ristl und Tim Völker. Die Technik in der Aula wurde von Patrick Moulin und Ralf Möser gesteuert. Danke für die großartige Unterstützung!
Zu guter Letzt geht ein ganz großes Dankeschön an die Kooperationspartner der Veranstaltung, Phillip Grimm vom DWI sowie Ivana Zocli und Holger Haas von der WRS. Hierbei sei erwähnt, dass die »Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH« neben vielen organisatorischen Dingen auch die Kosten der Veranstaltung trägt und für die komplette Verpflegung sorgt. Vielen lieben Dank!
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