Aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen zum ersten ‚Dialogforum Wasser‘ im vergangenen Jahr und der zunehmenden Brisanz des Zukunftsthemas Wasser, fand am 21. September 2023 das »2. Dialogforum Wasser« mit dem Schwerpunkt »Wasser und Ökologie« an der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT Stuttgart) in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) und dem Digital Water Institute e. V. (DWI) statt.
Offenbar waren die Themenschwerpunkte gut gewählt, vielleicht lag es aber auch an den hochkarätigen Referenten. Es waren auf jeden Fall viele schlaue Köpfe anwesend – bunt gemischt aus Ingenieurbüros, Versorgungsunternehmen, Kommunen, Industrieunternehmen, Behörden, Verbänden sowie Forschung. Auch Nachwuchsköpfe (aka Studenten) waren dabei!
Eröffnet wurde das »2. Dialogforum Wasser« mit Grußworten von Prof. Dr. Katja Rade (Rektorin der HFT Stuttgart), Holger Haas (Bereichsleiter Standortentwicklung WRS) und Phillip Grimm (Geschäftsführender Vorstand, DWI). Im Grußwort von Prof. Dr. Rade wurde nochmal verdeutlicht, dass der Nachwuchsmangel insbesondere die MINT-Fächer betrifft – Phillip Grimm machte deutlich, dass gerade die Kompetenzen in diesem Bereich für die Lösung der Herausforderungen im Wasserbereich unabdingbar sind. Herr Haas wies darauf hin, dass die Wasserthemen im Vergleich zum letzten Jahr auch mit Blickpunkt außerhalb der wasserwirtschaftlichen Fachblase maßgeblich an Brisanz gewonnen haben. Umso erfreulicher, dass das Thema Wasser seit Kurzem die gesamte HFT Stuttgart bewegt – als eines der vorrangigen, strategischen Entwicklungsziele!
Den inhaltlichen Start lieferte Prof. Dr.-Ing. Michael Bach (HFT Stuttgart) mit einem Impuls zum Thema »Wasser und Ökologie – Einfach kann jeder!«. Vieles sei zwar nicht einfach, für eine erfolgreiche Umsetzung bedürfe es aber eines gesamtgesellschaftlichen Aufbruchs weit über die Fachdomäne der Wasserwirtschaft heraus!
Wir wissen so viel, was wir tun müssten und kommen nicht ins Tun. Warum ist das so? Lasst uns ernsthaft die Wasserwirtschaft weiterentwickeln – wir brauchen das Mindset einer wasserbewussten Gesellschaft!
Der Themenblock »Die Menge« wurde von Prof. Dr.-Ing. Christoph Mudersbach (Hochschule Bochum) eröffnet. Er verdeutlichte die Notwendigkeit, Hochwasser und Starkregen zusammen zu betrachten und entsprechend integrierte Gefahrenkarten flächendeckend zur Verfügung zu stellen, um insbesondere in kleineren Einzugsgebieten die sich überlagernden Risiken von Flusshochwasserereignissen und Starkregenereignissen transparent zu machen.
Dr. phil. nat. Catherine Berger (geo7 AG) wies in Ihrem Impuls darauf hin, dass bei Hochwasser- und Starkregenereignissen neben den Wassermengen immer auch Geschiebe und Schwemmholz mittransportiert wird. Zur Identifizierung von Geschiebequellen, aber auch dem frühzeitigen, dezentralen Rückhalt sei ein detaillierter Blick in die Einzugsgebiete unabdingbar – schlussendlich aber auch eine gesamtgesellschaftliche Verhandlung über das erreichbare Schutzziel und dafür notwendige Maßnahmen.
Was alle angeht, können nur alle lösen.
Den letzten Impuls des ersten Themenblocks lieferte Eva de Haas (Regierungspräsidium Stuttgart), die darauf hinwies, dass Gewässer sowohl Lebensraum als auch Ressource sind. Veränderung der klimatischen Randbedingungen führten einerseits zu Verschlechterungen des Gewässerzustands als Lebensraum, gleichzeitig stiegen die Nutzungsansprüche an die Ressource (z. B. zur Bewässerung), was vielfältige Herausforderungen mit sich bringe. Oft stelle dann zu wenig Wasser oder die Wasserqualität ein Problem dar.
Im Anschluss folgte die Diskussion mit den Referenten, Phillip Grimm vom DWI und den Teilnehmern der Veranstaltung – moderiert von Hannah Pinell. Hierbei kam insbesondere zum Ausdruck, dass wir schneller ins konkrete Handeln kommen müssen!
Klar wurde aber auch, dass es keinen absoluten Schutz vor (wasserbedingten) Naturgefahren geben wird, sondern es vielmehr notwendig sein wird, gesamtgesellschaftlich akzeptierte Anpassungsmaßnahmen zu definieren und mit dem verbleibenden Restrisiko möglichst resilient umzugehen. Gerade im Hinblick auf die unvermeidbaren Zielkonflikte werden nur Maßnahmen langfristig Bestand haben, die von weiten Teilen der Bevölkerung mit den Auswirkungen in andere Domänen (Stichwort: Water-Food-Energy-Ecosystems-Nexus) mitgetragen werden.
Mir ist insbesondere hängengeblieben, welche enorme Bedeutung der Vernetzung aller Akteure rund ums Thema Wasser zukommt.
Nicht vergessen werden sollte bei allen Maßnahmen aber, dass Gewässer (inkl. deren Einzugsgebiete) auch Ökosysteme darstellen, deren Überleben auch für uns Menschen von essentieller Bedeutung ist.
Der zweite Themenblock mit dem Fokus »Die Qualität« knüpfte nahtlos an den ersten Themenblock an, in dem bereits verdeutlicht wurde, dass die Inhaltsstoffe des Wassers sowohl für die Menschen als auch für die aquatischen Ökosystem eine große Rolle spielen.
Prof. Dr.-Ing. Jens Haberkamp (FH Münster) startete mit der Beantwortung der Frage, ob Wasserwiederverwendung gegen Wasserknappheit helfen kann. Sich ändernde Klimarandbedingungen und das Bevölkerungswachstum führten zu einem steigenden Wasserbedarf und damit zu Nutzungskonflikten. Die Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser könne – richtig gemacht – zur Entspannung dieser Konflikte beitragen und wird in vielen Ländern der Welt auch schon lange praktiziert.
Wasserwiederverwendung – hilft das gegen Knappheit? Ja!
Im Anschluss daran zeigte Prof. Dr.-Ing. Peter Baumann (HFT Stuttgart) auf, dass die Wasserwiederverwendung mit deutlichen Rechtsunsicherheiten verbunden sei. So gelte die neue EU-Verordnung zu 'Mindestanforderungen an die Wasserwiederverwendung' für die Wiederverwendung von kommunalem Abwasser zur landwirtschaftlichen Bewässerung, während die Speicherung, Verteilung und Aufbringung des Wassers nationalem Wasserrecht unterliege. Hier lägen häufig noch keine bindenden Regeln vor, was Diskussionspotential bieten würde – bis hin zu entsprechenden Gerichtsverfahren.
Der letzte Impuls kam von Madlen Wendt (Stadt Fellbach), die das Praxisbeispiel »AGRICULTURE MEETS MANUFACTURING« der iba27 vorstellte. In dem Projekt geht es um die Nutzung von Synergien zwischen einem großen Gewerbegebiet und direkt anschließenden landwirtschaftlichen Produktionsflächen. Prinzipiell fällt in einem versiegelten Gewerbegebiet viel Niederschlagswasser an, dessen Nutzung für die landwirtschaftliche Bewässerung sei allerdings mit enormen Hürden verbunden – hierzu zählen Fragen der Verfügbarkeit, Speicherung, Qualität und Aufbereitung, aber auch fehlende Rechtssicherheit in vielen Punkten.
In der anschließenden Diskussion wurden unter anderem Akzeptanzfragen der Wasserwiederverwendung eruiert – hier ist sicher noch etwas Überzeugungsarbeit zu leisten, aber auch darauf zu achten, dass ab einem bestimmten Punkt der Aufbereitung nicht mehr von Abwasser gesprochen wird.
Auch die Wirtschaftlichkeit der Wasserwiederverwendung wurde diskutiert, denn Aufbereitung und Zwischenspeicherung kosten Geld, während die Wasserentnahme aus Gewässern für die Landwirtschaft in Baden-Württembergderzeit häufig noch kostenfrei zulässig ist. Unter sich ändernden Klimarandbedingungen und entsprechenden Nutzungskonflikten muss vermutlich generell über die Bepreisung der Wasserver- und -entsorgung nachgedacht werden.
Neue Lösungsansätze erfordern – zumindest zu Beginn – oft auch pragmatische Lösungen. Hierzu braucht es aber bei Planern, Betreibern und Genehmigungsbehörden eine extrem hohe Fachkompetenz, um gerade bei noch nicht standardisierten Lösungen die Chancen und Risiken fundiert und verantwortungsbewusst beurteilen zu können.
Neben den Impulsvorträgen und der Diskussion gab es auch Gelegenheit zum informellen Austausch. Vor der Veranstaltung gab es Kaffee, Tee und Kleinigkeit zum Frühstück, nach der Veranstaltung ein leckeres Mittagessen für alle Teilnehmer. In der schönen Atmosphäre des Lichthofs der HFT Stuttgart konnten dabei Gespräche vertieft werden, Kontakte geknüpft werden und nachhaltige Ideen für die Wasserwirtschaft entwickelt werden.
Eine Veranstaltung wie das »2. Dialogforum Wasser« wäre ohne die Unterstützung und dem Einsatz von ganz vielen Menschen und Institutionen in dieser Form nicht möglich. Sowohl in der Vor- und Nachbereitung, als auch am Tag der Veranstaltung gilt es, viele große und kleine Dinge zu erledigen.
Ein ganz großes Dankeschön geht zunächst an die vielen interessierten Teilnehmer aus allen Bereichen der Wasserwirtschaft und darüber hinaus sowie die rege Beteiligung an den Diskussionen. Nur so ist ein Dialogforum und die Vernetzung der verschiedener Akteure der Wasserwirtschaft möglich. Danke für Ihr Kommen!
Eine Veranstaltung, die meinen Blick auf die Thematik deutlich verändert hat.
Ein großes Dankeschön geht an die Grußwortsprecher und die Impulsgeber, die zum Teil weite Wege in Kauf genommen haben, um an der HFT Stuttgart ihr Fachwissen zu teilen, Impulse für den Dialog zu setzen und über ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement zu diskutieren. Schön, dass Sie da waren!
Ein besonderes Dankeschön geht an Hannah Pinell, die hervorragend den Vormittag moderierte. Trotz lebhaftem Austausch und vielen Wortmeldungen hat sie auch den (straffen) Zeitplan eingehalten. Vielen lieben Dank!
Das Team des Studiengangs Bauingenieurwesen der HFT Stuttgart hat mit ganz viel Engagement gearbeitet, damit die Veranstaltung reibungslos und in einem schönen Rahmen ablaufen kann. Die Koordination wurde von Ida D'Ottavio übernommen, Untestüzung gab es von Benjamin Rieger, Max Ristl und Ramon Zippert. Die Technik in der Aula wurde von Patrick Moulin und Ralf Möser gesteuert. Danke für die großartige Unterstützung!
Zu guter Letzt geht ein ganz großes Dankeschön an die Kooperationspartner der Veranstaltung, Phillip Grimm vom DWI sowie Elke Gregori und Holger Haas von der WRS. Hierbei sei erwähnt, dass die »Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH« neben vielen organisatorischen Dingen auch die kompletten Kosten der Veranstaltung trägt. Vielen lieben Dank!
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